Kreissäge 2017
Zusammen mit den „Holger Singers“ und ihrem Kapitän Holger Scheible legt die Fasnetsgesellschaft vom Hafen am Schwanenteich neben dem Rathaus ab und schippert den Neckar-Fils-Donau-Kanal hinunter Richtung Altenstadt. An der WMF liest die Kreissäge-Mannschaft einen Kaffeemaschinenmonteur auf: Im Rettungsboot sitzt kein anderer als der ehemalige WMF-Chef Peter Feld auf seiner „letzten Reise“, der den Geislingern ein Abschiedslied trällert.
Fröhlicher geht es beim Landgang in Altenstadt zu: Dekan Martin Ehrler, „der Tebartz-van Elst von Altenstadt“ höchstpersönlich, führt durch Geislingens Elbphilharmonie – das Kinderhaus Sankt Elisabeth. „Lieber Herrgott, dankeschön!“, jubelt er himmelwärts. „Mei Kirche, die kann strahl‘n, und die Stadt, die darf‘s bezahlen.“ Kurz vor Kuchen, bevor man das Geislinger Schuldenmeer verlässt, erreicht die Kreissäge unruhige Gewässer. Tumult an Bord: Pirat Frank Dehmer hat die Kreissäge geentert, um bei den Bürgermeisterkollegen in Kuchen und Gingen die Gemeindekassen für das Michelberg-Gymnasium zu plündern. „Denk nicht ans Schulhaus! Dehmer, keine Hoffnung, keiner rückt was raus“, lamentiert der Matrosenchor, der OB kontert mit einem nonchalanten „Das kann doch einen Dehmer nicht erschüttern.“
Etwas Wehmut kommt beim Captain’s Dinner auf: Holger Scheible tritt nach 35 Jahren als Kapitän der „Holger Singers“ ab. Als Ritter Kunibert wird er aber weiter in die Bütt steigen. Der alte Recke in rostiger Rüstung mischt sich unter die Kreuzfahrtgesellschaft und liest Landrat Edgar Wolff, der auf dem Wasserweg die Wölkhalle besucht, kräftig die Leviten. Seit vielen Jahren habe man gewusst, dass die Halle abzusaufen droht. Damit liefert der Landrat Kunibert sogar die Definition für das Modewort „postfaktisch“: „Wenn man die Scheiße, die man vorher kennt erst hinterher beim Namen nennt.“ Den größten Applaus erntet der Ritter allerdings für seine Schelte an die Adresse der Bürgermeister der Umlandgemeinden. Diese hatten OB Dehmer jüngst bei einer Veranstaltung zum Thema Michelberg-Gymnasium kollektiv versetzt: „Dass keiner kommt und er bedeppert dasteht wie ein Bube, wo bleibt da der Anstand und die Kinderstube?“
Ebenfalls an Bord: Scheibles Stadtrat-Kollege Werner Ziegler. Wenn auch widerwillig: Denn eigentlich geht der ehemalige Hochschulrektor in die Geislinger Fußgängerzone, wenn er Ruhe und Erholung will. Der Professor bekommt fast Heimweh, wenn er an die Sehenswürdigkeiten der Stadt denkt: die größte Bundesstraßenkriechspur der Welt, den Marianengraben im Stadtsäckel und das Rathaus, in dem der jahrzehntealte Dreck auf dem Fußboden unter Denkmalschutz steht. Vom Applaus angespornt legt Ziegler vorm Abgang aus der Bütt einen „professoralen Striptease“ hin: Im geringelten Badekostüm, ausgerüstet mit Schwimmflügeln und Enten-Schwimmring schreitet er hoch erhobenen Hauptes aus dem Saal.
Nach knapp fünf Stunden, in denen die „Kreissäge“ unter anderem den Balkan und Brasilien ansteuert, wo die New Stage Company und Marlitu fulminante Tänze aufs Parkett legen, läuft der Windjammer wieder unter Jubel im Heimathafen ein und die Fasnetsgesellschaft kann beruhigt die Nacht durchfeiern, denn die TG hat wie immer „alles im Griff auf dem sinkenden Schiff.“