Fehlender Leistungsgedanke, fehlendes Ansehen Leichtathletik

Den Sport plagen Nachwuchssorgen. Ein gesellschaftliches Problem, sagt Richard Spiegelburg.

Geislingen. Beim Geislinger Stabhochsprung-Meeting wurde ein Problem offensichtlich, das nicht nur diese eine Sparte plagt: Zwischen den Arrivierten, den alten Hasen, und dem Nachwuchs klafft eine Lücke: Tobias Scherbarth ist 32, Malte Mohr 31, Karsten Dilla 28 – ebenso alt die aktuelle deutsche Nummer eins, Raphael Holzdeppe. Lamin Krubally und Gordon Porsch als Vetreter der Jung en zählen 22 Lenze, sind aber noch ein ganzes Stück weit entfernt von internationaler Klasse.

„Im deutschen Männer-Stabhochsprung klafft eine kleine Lücke“, bestätigt auch Richard Spiegelburg, Trainer von Silke Spiegelburg sowie bei der LG Filstal, die in Felix und Oskar Neudeck (beide TGV Holzhausen) zwei der größten deutschen Talente in ihren Reihen hat. „Wir haben aktuell zu wenig, was von unten nachrückt und drückt“, sagt Spiegelburg: „Ich hoffe aber mal, das ist nur ein kleines Tief, das sich wieder gibt.“

Beschwören will es der 40-Jährige allerdings nicht. „Das Problem betrifft nicht nur den Stabhochsprung und die Leichtathletik, man kann es auf alle olympischen Sportarten beziehen.“ Die Gesellschaft sei nicht mehr so sportbegeistert wie früher – und zwar in dem Sinne, selbst Sport zu treiben. „Da gibt es noch die Trendsportart Fußball, zu der die Leistungswilligen hingehen. Da bleibt dann nicht mehr viel übrig für die anderen Sportarten.“

Allerdings ist Spiegelburg weit davon entfernt, König Fußball an den Pranger zu stellen, ihm die ganze Malaise im Sport anzuhängen. „Die Frage ist doch vielmehr: Wie kann man den Leistungssport im allgemeinen – sofern man es denn will – wieder mehr fördern?“, sagt er

Da sieht er die gesamte Gesellschaft in der Pflicht, allen voran die (Bildungs-) Politik und in der Folge die Schulen. „Sport muss in der Schule wieder besser etabliert werden. Es fehlt meiner Ansicht nach der Leistungsgedanke, im Sportunterricht wird er immer mehr herausgenommen. In anderen Fächern ist das undenkbar.“

Ein weiteres Problem: „Leistungssport ist in der westlichen Welt nicht mehr so angesehen“, betont Spiegelburg: „Man sieht es schon an den olympischen Spielen. Welche westliche Gesellschaft möchte überhaupt noch diese Spiele austragen?“ Auch Hamburg und München hätten nach Bürgerentscheiden auf ihre Bewerbungen verzichtet. Spiegelburg: „Und für das, was nicht angesehen ist, gebe es nun einmal weniger Sponsoren und damit weniger Geld.“ ⇥Jochen Weis

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